9. März 2008

Das ich das noch mal mache ... (2)

Heute: Besuch von der Oma

Dieser ist nie wünschenswert, handelt es sich doch bei "Omas" um gemeinhin recht hinfällige Wesen die es Wert sind besucht zu werden. Nicht umgekehrt! Aber ab und zu passieren diese Dinge ...

Ich lag an einem Sonntag um 12.30 Uhr friedlich dösend in meinem Bett und dachte darüber nach vor der dummen dummen Arbeit ab drei Uhr Nachmittag noch den Flohmarkt in der Nähe zu besuchen. Könnte man ja machen, Wetter sah ganz gut aus, und vielleicht ist es ja mal wieder ganz gut raus zu gehen, bevor es dunkel wird. Luft schnappen. Sonne tanken. Dieser Kram halt.

Fünfzehn Minuten vor ein Uhr klingelte es an der Tür. Erst kurz, dann lang. Dann war Ruhe. Ich überlegte wer an einem so schönen Sonntag auf die Idee kommen könnte Mittags in der Weltgeschichte herumzufahren um mich überraschend zu besuchen. Das war definitiv eher Retro. Wie früher im Osten. Als es kaum Telefone gab und ich "einfach mal so" Freunde besuchte um ihre Eltern zu fragen ob deren Kinder "runter" dürfen.

Sehr ernsthaft dachte ich darüber nach zur Tür zu gehen um in Erfahrung zu bringen wer da klingelte. Aber einerseits lag mein Telefon in Reichweite meines Arms, warum rief der oder die Totgeweihte mich nicht einfach an? Und andererseits war es sicher eh nur wieder ein Postbote.

Das Klingeln wurde kurz rythmisch, dann eher lang anhaltend. Es war nicht von der Hand zu weisen, die klingelnde Person nahm es bitterernst.

Ich drehte mich auf die Seite um die Beine aus dem Bett zu bekommen und ohne den Körper zu sehr anzustrengen. Das fiel zwar schwer und wurde begleitet von Ächzen und Stöhnen, aber es gelang mir dann zumindest leicht wankend im Raum zu stehen um mich langsam und behäbig zur Wohnungstür zu schleppen. An der Tür angekommen hörte ich auf der anderen Seite leichte Flüche. Irgendjemand versuchte einen Schlüssel in die Tür zu bekommen, was unmöglich war, meiner steckte von Innen.

Über den ungebetenen Zecher, der offensichtlich versuchte nach Haus zu kommen, amüsiert, klopfte ich gegen die Tür. Von der anderen Seite wurde fragend mein Vorname gerufen und in diesem Augenblick wurde mir leicht schwarz vor Augen.
Meine Großmutter.
Vor meiner Wohnungstür.
Hier und Jetzt.
Dabei gab es mich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal im "Hier", geschweige denn im "Jetzt"

Tapfer öffnete ich die Tür, bat die geliebte Verwandte hinein und flitze vor ihr ins Wohnzimmer, in dem ich auch schlief, um dort eine Wasserpfeife, diverse Bier- und Schnapsflaschen und mehrere leere Gummibärchentüten innerhalb von Sekunden verschwinden zu lassen. Dabei fragte ich mich warum in aller Welt ausgerechnet ich, und warum heute, und warum in diesem Zustand. Und überhaupt!

Um es kurz zu machen, die Lieblingsomi blieb geschlagene 30 Minuten. Wir tranken einen Kaffee, und sie erwähnte wiederholt in was für einer unfassbar dunklen, grauen Höhle ich doch hausen würde. Von "wohnen" war jedenfalls nicht die Rede. Anschliessend spazierten wir noch durch meine Strasse. Die gefiel ihr auch nicht. Aber besser immerhin als die Menschen die ihr begegnet waren. Insofern bin ich sicher, dass sie glücklich wieder in den Berliner Norden und ihre Wohnlaube fuhr.

Das Fazit des misslungenen Tagesbeginns lautet jedenfalls für mich: Die Notwendigkeit in der DDR-Zeit ohne Anruf Überraschungsbesuche abzustatten ist romantisch und schön. Aber verdammt unpraktisch nach einer durchzechten Nacht. Und das sicher damals schon.
Großmütter sollten das ihren Enkeln jedenfalls nicht antun.
Niemals.

3 Kommentare:

  1. Ich bin stolz auf Dich. Ich stelle mich immer tot, wenn es klingelt.

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  2. Armer Kerl. Wirklich.

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  3. Sonntags kann es nicht der Postbote sein ;)

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